Wir leben lieber gefährlich

La Paz – Camino de la muerte, 25.-27.02.2016.

La Paz. Ich gebe zu, bereits beim Namen beschlich mich ein ungutes Gefühl, soviel Negatives hatte ich über die zweite Hauptstadt Boliviens gelesen. Dreckig und extrem gefährlich soll sie sein. Und unausweichlich, will man ohne grössere Umwege von Bolivien nach Peru. Ich machte mich aufs Schlimmste gefasst, denn meinen Bedarf an gefährlichen Städten hatte unsere Nacht in Tegucigalpa vor vier Jahren bereits mehr als gedeckt. Niemals hätte ich gedacht, dass wir drei Nächte in La Paz bleiben, uns zu keiner Sekunde unsicher fühlen und richtig viel Spass haben würden. Das gesagt, muss man hinzufügen, dass wir stets alle Wertsachen im Hostel liessen und uns nur in den sicheren Stadteilen aufhielten.

La Paz ist auf Hügeln gebaut, hat aber das Problem mit den steilen, mit Autos vollgestopften Strassen mehr als elegant gelöst. Vom Zentrum gibt es mehrere Gondeln, die einen bequem für 3 Bolivianos (40 Rp.) zu den höchsten Stadtteilen bringen. Zurzeit sind es drei, in Zukunft sollen aber bis zu acht Gondeln ein Netz bilden und so eine Erkundigung der Stadt per Gondel ermöglichen. Neben der Gondelfahrt besuchten wir ausserdem den berühmten Hexenmarkt, der aber abgesehen von ein paar getrockneten Alpaca-Föten nicht annähernd so schaurig war wie beschrieben. Und was man sonst noch in La Paz, wenn man Salteñas- und Fruchtstände abgeklappert und Lama-Filet probiert hat? Richtig, man geht Velo fahren. Wobei Velo fahren in diesem Fall untertrieben ist, denn dieses Mal wagte wir uns auf ein richtiges Mountainbike. 54 Kilometer Downhill. Auf der Yungas-Strasse, die auf Spanisch auch El Camino de la Muerte (Death Road, Todesstrasse) genannt wird. Keine Angst, das klingt jetzt schlimmer als es ist, und die Tatsache, dass ich euch immer noch mit Berichten quäle, sollte die Frage nach meinem Überleben bereits beantwortet haben.

Die Todesstrasse wurde in den 30er-Jahren als Verbindungsstrasse für den Schwerverkehr zwischen La Paz und dem im Dschungel gelegenen Coroico gebaut und verdankt ihren Beinamen zahlreichen tödlichen Unfällen. Sie ist nicht asphaltiert, einspurig, verfügt über praktisch keine Leitplanken und verwandelt sich bei Regen in eine Mischung aus Schlamm und Morast. Entsprechend brachte sie sich kreuzende Lastwagen regelmässig in eine missliche Lage, denn bereits der kleinste Fahrfehler konnte 200m in der Tiefe enden. Wer Ice Road Truckers in India gesehen hat, weiss in etwa, wovon ich spreche. Seit 2006 gibt es nun eine neue, asphaltierte Strasse und die alte wird nur noch von Bikern genutzt, die auf der 3m breiten Strasse mehr als genügend Platz haben.
Auch wir schlossen uns so einer Tour an, wobei die Auswahl des Touranbieters dieses Mal relativ einfach war. Denn in diesem Fall ist teuer wirklich besser und wir bekamen beim teuersten Anbieter die besten Bikes (ja, wir hatten jemanden dabei, der das beurteilen konnte :-D), ein komplettes Set an Schutzkleidung und am Ende eine heisse Dusche. Letzteres erwies sich als absolut essentiell, denn wir hatten das Glück, dass es wie aus Kübeln goss und selbst die Regenkleidung irgendwann kapitulierte. Der Regen hatte aber auch sein Gutes, denn dadurch konnte man den Abgrund nicht sehen…

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